Gegen die Schließung eines Standortes der Rechtsmedizin

17.07.2014

Landtag von Sachsen-Anhalt - Plenarprotokoll 6/71
17.07.2014

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Die Diskussion macht deutlich, dass hier zwei Fachbereiche aufeinanderschlagen,Hochschul-
politik und Rechtspolitik.
Ist der Theaterdonner, die Theaterrhetorik, Herr Herbst, die Sie hierbei einsetzen, wirklich das
geeignete Mittel, um bei einem solchen Thema eine sachliche Lösung, die dem Problem in
diesem Land gerecht wird, herbeizuführen? Ich glaube, nein.
Sie haben einen logischen Denkfehler in Ihrer Rede produziert. Sie sprachen davon, dass jeder
zweite Totenschein möglicherweise Fehler beinhaltet, und zogen daraus einen Schluss, den ich
nicht nur logisch für fehlerhaft, sondern auch für fatal halte.
Nicht aus jedem Fehler darf der Schluss gezogen werden, dass es sich um einen unnatürlichen
Tod handelt.
Theaterrhetorik hilft uns an dieser Stelle nicht.
Worum geht es wirklich? - Ich danke meinen Vorrednern, insbesondere Frau Dr. Pähle, die
schon deutlich gemacht hat, dass es vor allem - Herr Lange, schön dass Sie bei diesem Thema
lachen können; denn wir reden hier über die Sicherung von Qualität in der Rechtsmedizin. Wir
reden hier über Medizin. Wir reden über Lehre und über Forschung.
Ich würde es nicht Serviceleistung nennen, Herr Gallert. Ich rede eher von Dienstleistungen im
Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben.

Wir müssen uns fragen, wie wir diese Qualität sichern können. In der Lehre gewiss vor Ort, in
der Forschung durch Konzentration, weil die wissenschaftliche Arbeit auch den Austausch
braucht und in der Dienstleistung vor allem auch durch Bezahlung. An dieser Stelle sind wir uns
einig, Herr Lange.
Wenn die Rechtspolitik diese finanzielle Verantwortung in den vergangenen Jahren - dabei will
ich nicht von lückenhaft sprechen - zumindest grundsätzlich wahrgenommen hätte, dann be-
dürfte es dieses Themas und der intensiven Befassung damit im Landtag wahrscheinlich nicht.

Herr Gallert, Sie sprachen von der Konsequenz, dass dem heutigen Beschluss Abstriche bei der
Umsetzung der Rechtsmedizin folgen. Ich sehe das anders: Aus meiner Sicht geht es darum,
die notwendige Qualität sicherzustellen.
Ich sehe uns mit diesem Beschluss auf einem guten Weg.
Ich lade insbesondere die Rechtspolitiker zu einer weiteren Diskussion in unserem Fachaus-
schuss ein und bitte um Zustimmung zu unserer Beschlussvorlage.
Danke.

Vizepräsidentin Frau Dr. Paschke: Herr Harms, es gibt zwei Nachfragen.
Würden Sie sie beantworten?
Herr Harms (CDU): Ja.
Vizepräsidentin Frau Dr. Paschke: Zunächst Frau von Angern und dann Herr Gallert.
Frau von Angern (DIE LINKE): Danke, Frau Präsidentin. Herr Kollege Harms, Sie sagten, dass
man Dienstleistungen auch bezahlen muss. Können Sie mir sagen, wer aus Ihrer Sicht zukünftig
die Dienstleistung der Begutachtung von Opfern häuslicher oder sexueller Gewalt bezahlen soll?
Herr Harms (CDU): Frau von Angern, ich habe Verständnis für Ihre Frage. Ich stehe hier aller-
dings als Fachpolitiker und sehe wie Ihr Nachbar Herr Lange die Bedrohung für die Freiheit von
Lehre und Forschung und wie auch der Minister die Bedrohung für eine Finanzierung der Kran-
kenversorgung in diesem Land, wenn es die Rechtspolitiker nicht schaffen, dieses Thema zu
lösen.
Vizepräsidentin Frau Dr. Paschke:
Herr Gallert. Herr Gallert (DIE LINKE): Herr Harms, ich habe mich doch noch einmal gemeldet,
weil Sie gesagt haben: Ich befürchte, dass durch diesen Schritt die Service- oder Dienst-
leistungen - über den Begriff müssen wir uns jetzt nicht streiten - für Justiz und Inneres re-
duziert werden. Dazu sage ich: Möglicherweise ist das nicht zwingend intendiert. Das Problem
ist nur: Wenn ich die gleiche Menge an Dienstleistungen für Justiz und Inneres weiter vorhalten
werde, dann werde ich auch keine Einsparungen realisieren, sondern dann transferiere ich das
Defizit, das jetzt in Magdeburg entsteht, weil die Leistungen vorgehalten und nicht ordentlich
bezahlt werden, einfach mal nach Halle und vergrößere dort das Defizit. Das ist also im Grunde
genommen keine Lösung. Wenn jetzt wirklich die These ist „Wir verringern das Defizit“, dann
sage ich: Das würde nur funktionieren, wenn zum Beispiel die Zahl von Obduktionen deutlich
reduziert werden würde. Dann - hierbei trifft nun wiederum das zu, was der Kollege Herbst
sagt - haben wir uns wirklich gegenseitig einen Bärendienst erwiesen.
Also das Problem ist, dass das Sparkonzept, das dahinter steht, sich nicht wirklich erschließt,
es sei denn, man hofft stillschweigend darauf, dass, wenn alles unten im Süden des Landes
konzentriert wird, einfach die Inanspruchnahme geringer wird. Das ist die Gefahr, auf die ich
nur hinweisen wollte.
Herr Harms (CDU): Herr Gallert, vielen Dank für Ihren sachlichen Hinweis, der in Teilen gewiss
auch berechtigt ist. Wir leben allerdings in einer sich verändernden Welt. Die Geschichte der
Rechtsmedizin insbesondere am Standort Magdeburg umfasst doch schon einige Jahrzehnte.
Die Arbeitsmethoden, die Arbeitsmöglichkeiten und die sich daraus ergebenden Bedarfe für
Investitionen, damit man dem auch gerecht werden kann, verlangen, dass man auch über
die Arbeitsorganisation nachdenkt. Das ist der Teil, den die Hochschulpolitiker leisten können.
Im Plenum diskutieren wir darüber, damit wir den Austausch unter diesen Fachpolitikern hin-
bekommen.

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