Vollständige und Nachhaltige Sanierung der Bohrschlammdeponie Brüchau durch den Betreiber ENGIE E&P Deutschland GmbH

04.05.2017

Landtag von Sachsen-Anhalt - Plenarprotokoll 7/26

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Farle, vielen Dank für die Einbringung dieses
Antrages, der uns die Möglichkeit gibt, uns nach einigen Befassungen im Ausschuss auch
heute im Landtag mit diesem Thema zu beschäftigen. Wir werden uns heute nicht ab-
schließend mit dem Thema beschäftigen; es wird uns über Jahre hinweg beschäftigen, ich
hoffe, nicht über weitere Jahrzehnte.

Jeweils 1 km von Brüchau, Kakerbeck und Neuendorf entfernt, ziemlich in der Mitte zwischen
den drei Dörfern, wurde vor 45 Jahren ein Zwischenlager - keine Deponie, sondern ein Zwi-
schenlager - für Bergbauabfälle eingerichtet. Dafür wurde eine vorhandene Ziegelei mit den
dazugehörigen Wohngebäuden, heute ein Mehrfamilienwohnhaus, und mit einer Mergelgrube
genutzt. Man vertraute auf eine noch vorhandene Mergelrestschicht von vermuteten 70 cm
Stärke, die man wohl an einer Stelle mit einer Probebohrung geprüft hat, sowie auf die selbst-
abdichtende Wirkung von Bohrschlämmen im Allgemeinen.

Tausende Tonnen Mischabfälle mit vielen Schwermetallen, die üblicherweise auch im Bergwesen
anfallen - Quecksilber, Blei, Chrom, Kupfer, Strontium, Lithium, aber auch Chlorid, Arsen, Zy-
anidschlamm, Salpetersäure, Teerreste, Galvanikschlämme und auch radioaktiv belastetes Ma-
terial, sind in den Jahrzehnten dorthin transportiert worden. Sie wurden abgeladen und in eine
matschige Grube geschoben und gekippt.

Zusätzlich zur Entsorgung von Bergbauabfällen missbrauchte man diese Bergbaueinrichtung
über viele Jahre hinweg als Sondermülldeponie für besondere Abfälle, für die man anscheinend
keine andere Lösung hatte, auch solche aus Industrie und Medizin.

Wie stark die Gesundheit durch den Transport seinerzeit in offenen Fahrzeugen, durch Ablage-
rungen an Fahrzeugen, bei Abladevorgängen, bei Schiebearbeiten oder auch durch jahre- bzw.
jahrzehntelanges unabgedecktes Lagern gefährdet wurde, kann man schwer in Zahlen fassen.
Aus heutiger Sicht sind uns die Gefahren insbesondere im Zusammenhang mit Quecksilber sehr
bewusst.

Die von Ihnen, Herr Farle, erwähnte Krebsrate von - wenn ich das richtig verstanden habe -
etwa 20 % möchte ich nicht relativieren; doch möchte ich darauf hinweisen, dass sich vor
etwa vier oder sechs Wochen auf der Titelseite der „Volksstimme“ eine große Übersicht fand,
nach der die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, für Männer unseres Alters bei etwa
45 % liegt, also deutlich über den von Ihnen vermuteten Zusammenhängen.

Nun hat das gewiss auch Ursachen in dem Umweltverhalten insbesondere in den 70er- und
80er-Jahren, aber auch zuvor, also auch diese Ursachen, die wir hier besprechen. Aber nach
den bisherigen Erkenntnissen, die erwähnt wurden, gibt es keinen nachgewiesenen Zusam-
menhang, auch wenn jeder Einzelfall schmerzlich ist.

Mehrere Berichte ehemaliger Mitarbeiter geben Anlass zu besonderer Sorge. Da wird auch
davon berichtet, dass gelegentlich zu Nachtzeiten unter Blaulicht Fahrzeuge noch irgendetwas
gebracht haben, was möglicherweise auch nicht in Einlagerungsprotokollen erfasst wurde.

Wir alle wissen, dass es oft sehr teuer wird, Fehler der Vergangenheit zu beheben. Wir wissen
aber auch: Sollten sich die Schadstoffe ausbreiten, steigt der Aufwand ins Unermessliche. Hier
und heute nehmen Unternehmen und Behörden Umweltprobleme sehr ernst. Nachdem jahr-
zehntelang unsere Bodenschätze ausgebeutet wurden, haben wir den Anspruch, dass ein Teil
der Gewinne und ein Teil der Steuern dafür verwendet werden, diese Arbeitsstätten aufzu-
räumen. Wir leben in einem wunderbaren Land, das die Kraft besitzt, solche Probleme zu lösen.

Inzwischen existiert ein firmenunabhängiges Gutachten durch die Landesanstalt für Altlastenfrei-
stellung, das in Kakerbeck öffentlich vorgestellt wurde. Jetzt kommt es darauf an, eine Entschei-
dung zur Räumung zu treffen. Nach heutigem Recht darf niemand solche Abfälle in dieser Weise
einlagern. Auch für erfolgte unbekannte Fremdeinlagerungen steht das Bergbauunternehmen in
der Pflicht. Ob es 1972 ....

Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Harms, jetzt sind auch die fünf Minuten vorbei. Jetzt müssten Sie bitte zum Ende kommen.

Uwe Harms (CDU):
Herr Präsident, das fällt mir sehr schwer, weil ich glaube, dass die Geschäftsordnung eigentlich
eine andere Regelung vorschlägt, nämlich dass ich in gleicher Weise die Redezeit verlängert
bekäme. Sie haben etwas anderes vorgeschlagen.

Vizepräsident Wulf Gallert:
Über eine Geschäftsordnungsdebatte brauchen wir uns jetzt nicht weiter zu unterhalten.
Ich würde Sie einfach bitten, zum Ende zu kommen.

Uwe Harms (CDU):
Herr Präsident, dann werde ich dem, ohne zu murren, folgen. - Ich möchte darauf hinweisen,
dass von unserer Seite ein Alternativantrag vorliegt. Wir möchten gern in diesem Alternativ-
antrag einen Änderungsvorschlag der Fraktion DIE LINKE berücksichtigen, die Punkte 2 und 3,
und bitten deshalb um Einzelabstimmung. Wir würden die Diskussion gern im Ausschuss fortsetzen.

Vizepräsident Wulf Gallert:
Okay, danke. - Jetzt gibt es noch eine Nachfrage von Frau Funke. Frau Funke, Sie haben das Wort.

Lydia Funke (AfD):
Danke sehr, Herr Präsident. - Ein kurzes Wort zu Ihrem Antrag. Leider enthält er ein bisschen viel
Blabla. Um konkret zu werden - ich meine, es ist ja schön, dass Sie sich auf die Seite der LINKEN
schlagen, möchte ich meine Frage an Sie richten: Was halten Sie von baurechtlich nicht ordnungs-
gemäß abgesperrten Rückbauarbeiten an Erdgassonden mit messbarem Austritt von Radioaktivität,
der über den Grenzwerten liegt?
Dazu zitiere ich Ihnen auch gern noch eine Äußerung der verantwortlichen Behörde, die da sagte:
Da kann ja nichts passieren; da müsste man ein derartiges Rohr ein Jahr lang am Körper tragen.

Vizepräsident Wulf Gallert: Sie haben das Wort.

Uwe Harms (CDU):
Ich halte davon wenig; ich halte auch wenig von Ihrer Frage, Frau Funke, weil sie nicht zum
Tagesordnungspunkt gehört.

Vizepräsident Wulf Gallert:
Gut. - Dann hat Herr Höppner noch eine Frage. Herr Höppner, Sie haben das Wort.

Andreas Höppner (DIE LINKE):
Herr Harms, entweder habe ich Sie nicht verstanden oder Sie konnten es jetzt aufgrund der
Zeit nicht sagen. Meine konkrete Frage: Wofür sind Sie denn nun? Was ist Ihre Einschätzung?
Muss das Ding weg? Sind Sie dafür, dass es komplett wegkommt, oder soll es bloß abgedeckt
werden? Was ist Ihre persönliche Meinung dazu?

Uwe Harms (CDU):
Die Frage möchte ich wie folgt beantworten: Die Landesanstalt für Altlastenfreistellung hat
bisher mehr als 200 Millionen € für die Altmark bereitgestellt, überwiegend für Altlasten im Zu-
sammenhang mit dieser Bergbautätigkeit in der Region. Es wurden 190 Bohrschlammgruben
beräumt, Hunderte Bohrlöcher wurden neu abgedichtet und anderes mehr. Damit konnten viele
Altlasten in den vergangenen 25 Jahren - das hat auch viel Arbeit gemacht - aufgearbeitet
werden. Gleiches ist für Brüchau unerlässlich.

Andreas Höppner (DIE LINKE): Okay, danke.
Vizepräsident Wulf Gallert: Gut, dann sind wir soweit durch.

Wir gehen weiter in der Reihenfolge der Fraktionen.
-
Herr Harms, ich muss mich bei Ihnen tatsächlich entschuldigen. Es ist definitiv so:
Die gleiche Redezeit dazu hieße, jetzt hätte jeder neun Minuten. Das wäre aber jetzt Ihnen
gegenüber wiederum nicht fair. Insofern würde ich jetzt bei allen die fünf Minuten ansetzen,
schon aus sportlicher Fairness sozusagen.

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