Vollständige und nachhaltige Sanierung der „Bohrschlammdeponie Brüchau" durch den Betreiber Neptune Energie Deutschland GmbH

24.05.2018

Landtag von Sachsen-Anhalt - Plenarprotokoll 7/48

 

Uwe Harms (CDU):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Tausende Tonnen Mischabfälle mit vielen Schwermetallen, Quecksilber, Radium, Blei, Chrom,
Kupfer, Strontium, Kadmium, Chlorid, Lithium, Arsen, Zyanidschlämme, Salpetersäure,
Teerreste, Galvanikschlämme und auch radioaktiv belasteter Abfall - Herr Minister, ich hoffe,
diese Aufzählung, die allgemein bekannt ist, hilft Ihnen - wurden in eine matschige Grube ge-
kippt, die als Sperrschicht über mindestens 70 cm Mergel verfügt. Man vertraute auf die ab-
dichtende Wirkung von Bohrschlamm.

Meine Damen und Herren! Vielen Dank für das wiederholte und breite Interesse hier im Haus
von allen Fraktionen. Ich möchte jetzt schon darum bitten, dass wir die beiden vorliegenden
Anträge an den entsprechenden Fachausschuss überweisen, der sich seit Beginn der Legis-
laturperiode intensiv bemüht, weitere Klarheit hineinzubringen, zur federführenden Beratung
an den Fachausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft und zur Mitberatung an den Umwelt-
ausschuss und an den Sozialausschuss.

Ich möchte mich insbesondere bei der Kollegin Funke von der AfD bedanken, die sich mit
Akribie sehr detailliert in die vielen Dinge eingearbeitet hat.

Ich möchte eigentlich nur einen Punkt, der mir aufgefallen ist, in der doch relativ knappen
Redezeit ansprechen.
Nachdem ich nun helfen konnte bei dem, was dort drin ist, möchte ich die Frage, die ich in
einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung gestellt habe, wiederholen, und zwar bezieht
es sich auf die Deponieverordnung. Ich habe gefragt, wann die entsprechenden Mitarbeiter
ihre letzte Weiterbildung zur Deponieverordnung hatten.

Ein jeder, der quecksilberhaltige Abfälle in Deutschland lagern möchte, muss dafür gewisse
Regeln einhalten. Das ist in einem Bundesgesetz, in einer Deponieverordnung geregelt. Die
Antwort war, man braucht sich damit nicht zu beschäftigen, weil man es hierbei mit Berg-
recht zu tun hat.

Ich empfand diese Antwort als äußerst unbefriedigend; denn der Anlass in dieser Legislatur-
periode ist ja die Absicht des Betreibers, das Bergrecht zu verlassen.

Die entsprechende Fachbehörde, das Landesbergamt, hat über etwa 50 Jahre alles genehmigt.
Dass der Betreiber gewechselt hat, dass dort Privatisierungen stattgefunden haben, kann ich
ein Stück weit nachvollziehen. Aber ein Landesbergamt in dieser Form gibt es seit Bismarck,
seit etwa 150 Jahren.

Dass diese Beamten derart nachlässig gearbeitet haben und dass die Aufzählung, die ich
heute machen konnte, zu unvollständig ist, um zu erkennen, dass nach der in Deutschland
geltenden Deponieverordnung die Lagerung von quecksilberhaltigen Abfällen nur unter be-
stimmten Bedingungen, nämlich mit mindestens 5m Sperrschicht, möglich ist, konnten alle in
den Stellungnahmen unter anderem vom Altmarkkreis Salzwedel nachlesen.

Im Ausschuss wurde darüber nicht berichtet. Ich wundere mich, warum nicht; denn das ist
eine ganz wichtige Entscheidungsvoraussetzung. Denn wenn wir sinnvollerweise eine solche
Sperrschicht, die nicht allein wirken, sondern nach der Deponieverordnung noch mit zusätz-
lichen Sperren versehen werden soll, hier nicht haben, dann frage ich mich, was dieses
ganze verzögernde Untersuchungsprozedere eigentlich soll. Entweder wir haben Gesetze zur
Lagerung von quecksilberhaltigen Abfällen oder wir haben sie nicht.

Wenn die Mitarbeiter der entsprechenden Landesbehörde das über viele Jahre nicht heraus-
finden, aus der Stellungnahme nicht herauslesen und den Abgeordneten auf Nachfrage nicht
mitteilen, dann frage ich mich, warum wir uns überhaupt im Landtag damit beschäftigen, dann
schäme ich mich für diese Landesverwaltung.

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Sehr geehrter Herr Abg. Harms.

Uwe Harms (CDU):
Ich erwarte von der Landesregierung im Ganzen, einschließlich unserer Gesundheitsministerin,

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Herr Abg. Harms!

Uwe Harms (CDU): wo der Datenschutz wichtiger - -

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Herr Abg. Harms!

Uwe Harms (CDU): Meine Redezeit.

Präsidentin Gabriele Brakebusch:
Herr Harms, ich muss Sie auf Folgendes hinweisen: Ich habe zu Ihrer Redezeit schon einein-
halb Minuten hinzugegeben. Deswegen bitte ich darum, dass Sie den letzten Satz formulieren.

Uwe Harms (CDU):
Frau Präsidentin, dann möchte ich darauf hinweisen, dass der Minister seine Redezeit um zwei
Minuten überzogen hat.

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Nein. Ich werde es Ihnen mitteilen, wenn es soweit ist.

Uwe Harms (CDU): Danke.
Ich möchte darauf hinweisen, dass ich schon erwarte, dass nicht der Datenschutz in einer
gesundheitlichen Untersuchung, die hier beschlossen wurde, über den Gesundheitsschutz
gestellt wird. Ich erwarte, dass sich auch die Umweltministerin daran beteiligt. Und ich er-
warte, dass sich die Landesregierung im Ganzen endlich mit der Deponieverordnung be-
schäftigt und dass sie die Landesverwaltung auf Zack bringt.
-
Danke.

Präsidentin Gabriele Brakebusch:
Wir haben noch eine Nachfrage. Herr Harms, somit können Sie noch etwas ausführen.
Herr Lange hat eine Anfrage an Sie. Bitte, Herr Lange.

Hendrik Lange (DIE LINKE):
Ich bin einigermaßen beeindruckt von der Kritik, die Sie geäußert haben; sie ist in Teilen
sicherlich verständlich und angemessen. Ich möchte Sie aber in diesem Zusammenhang
fragen, ob Sie mir die Minister von 2002 bis 2016 aufzählen können, die für das Bergamt
zuständig waren.

Präsidentin GabrieleBrakebusch: Herr Abg. Harms.

Uwe Harms (CDU):
Das könnte ich gewiss tun. Vielen Dank für Ihre Nachfrage; sie gibt mir Gelegenheit, ein
bisschen die Emotionen runterzufahren. Ich halte es in der Sache für angemessen, nicht
zu viele Emotionen da hineinzugeben. Aber ich bitte auch um Verständnis, dass ich nicht
zum ersten Mal betroffene Anwohner hier im Landtag sehe, die sich nicht aus Spaß auf
den Weg machen.

Und: Die Verantwortungskette ist sehr lang, Herr Lange. Wir könnten Minister und andere
Verantwortliche aufzählen, die vorher, in den vergangenen 50 Jahren, tätig waren.
Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden. Nach
meiner Bewertung ist die Deponieverordnung das dauerhaft geltende Recht, wenn dort
dauerhaft gelagert werden soll. Es kann sein, dass diese Ansicht falsch ist. Dann bitte ich
darum, dass das im Ausschuss entsprechend sachlich analysiert und geklärt wird; dazu ist
ein solcher Ausschuss da.

Ich erwarte auch, dass wir uns sehr bald und in aller Gründlichkeit damit beschäftigen und
dass wir beim Tempo deutlich zulegen.

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Es gibt eine weitere Nachfrage. Frau Frederking, bitte.

Dorothea Frederking (GRÜNE): Vielen Dank.
Herr Harms, Sie haben vorhin noch mal aufgezählt, welche Stoffe in der Deponie sind, von
denen man auf alle Fälle qualitativ weiß. Ob noch andere, darüber hinausgehende Stoffe
darin sind, weiß man nicht, weil man kein ausführliches Inventarregister hat.

Und: Vielen Dank dafür, dass Sie aus meiner Kleinen Anfrage aus dem Jahr 2015 zitiert haben.
Ich denke, diese Angaben sind dem Minister bekannt. Der Minister hat darauf hingewiesen,
dass es um die kompletten Qualitäten, auch um die Quantitäten geht.

Ich habe eine Frage. In der ersten Kleinen Anfrage, die ich gestellt habe, ist schon zum Aus-
druck gekommen, dass es keine Deponie, sondern eine bergbauliche Anlage ist. Sie haben das
drei Jahre später nachgefragt und haben darauf sehr viel Wert gelegt. Ich habe nicht begriffen,
warum man sich jetzt mit der Deponieverordnung beschäftigen soll, obwohl das nunmehr unter
Bergrecht steht. Wenn Sie das noch mal erläutern würden.

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Herr Harms, bitte.

Uwe Harms (CDU):
Ja, Frau Kollegin, das mache ich sehr gern. Vorab möchte ich aber meinen Dank dafür an den
Minister richten, dass er sich so mühsam bemüht hat, das Wort „Deponie“ zu vermeiden, weil
es an dieser Stelle tatsächlich irreführend ist; denn es gibt in dem gesamten Untersuchungs-
vorgang und dem Untennehmen bei der ständigen Verwendung des Wortes eine Tendenz.

Es wurde in Deutschland geregelt, was Deponien sind, was Altdeponien sind. Es gab bis zum
Jahr 2008 die Möglichkeit, dort Korrekturen vorzunehmen. Das hat man für Brüchau meines
Wissens nie getan. Die Möglichkeiten, daraus eine regelrechte Deponie zu machen, sind aus
meiner Sicht nicht da.

Nun ist die Frage, die Sie gestellt haben - ich muss kurz eruieren -, warum ich da so auf der
Deponieverordnung herumreite. Ja, das Bergrecht, das seit 150 Jahren gilt, ist sozusagen ein
Wirtschaftsförderrecht, das in Deutschland sehr zur wirtschaftlichen Entwicklung insbesondere
der Schwerindustrie beigetragen hat; es war seinerzeit durchaus nachvollziehbar.

In der Situation, in der wir heute sind, sollten wir gemeinsam dieses Recht parallel auch zum
Umweltrecht sehen, damit wir die Wirtschaft weiter ermöglichen können. Wenn wir so schludern,
wie das in Brüchau passiert ist, dann brauchen wir uns doch nicht darüber zu wundern, dass die
Akzeptanz für wirtschaftliche Investitionsmaßnahmen, auch für Bergbaumaßnahmen, derart sinkt;
dafür haben wir Verantwortung.

Dorothea Frederking (GRÜNE):
Die Feststellung war: Es ist keine Deponie. Darauf haben Sie Wert gelegt. Warum soll sich die
Landesverwaltung jetzt intensiv mit der Deponieverordnung beschäftigen?

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Herr Harms.

Uwe Harms (CDU):
Frau Frederking, weil vom Anfang einer Bergbaumaßnahme an, beim Anlegen dieser, ich sage
einmal, Abfalllagereinrichtung, den Behörden klar sein musste, dass zum Ende der Maßnahme
die Arbeitsstätte aufgeräumt werden muss. Wenn man die Abfälle entsorgt, dann muss man
das nach dem jeweils geltenden Umweltrecht tun.

Ich habe in der entsprechenden Ausschusssitzung gefragt, welches Umweltrecht relevant ist.
Da wurde geantwortet: Natürlich das heutige und nicht das von vor 50 Jahren. Das heutige
Umweltrecht ist eben die Deponieverordnung.

Nicht ohne Grund stellen wir so hohe Anforderungen an die Lagerung quecksilberhaltiger Abfälle.
Wir reden hier wahrlich nicht nur über Quecksilber. Ich habe die Liste heruntergelesen. Ich sage
einmal: Das sind die Mindestanforderungen. Wenn augenscheinlich die Mindestanforderungen
nicht erfüllt werden und wenn unsere Landesverwaltung durch kreisliche Behörden darauf hin-
gewiesen werden muss, wenn die den Abgeordneten noch nicht einmal mit den Informationen
zum Sonderbetriebsplan mitteilt, dass es diesen Hinweis gegeben hat, dann fühle ich mich, tja,
seltsam.

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