Sichere Auskofferung der Giftschlammgrube Brüchau angehen

12.06.2020

Landtag von Sachsen-Anhalt - Plenarptotokoll 7/103

Uwe Harms (CDU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Weil die Gewinnung von Rohstoffen aus dem Untergrund, das, was man „Bergbau“ nennt,
eine sehr wichtige Aufgabe im Interesse der Allgemeinheit ist, gibt es in Deutschland seit
etwa 200 Jahren das sogenannte Bergrecht und seit vielen Jahrzehnten nicht nur in Deutsch-
land, sondern überall auf der Welt auch die Erkenntnis, dass es Bergbaufolgelasten und Berg-
baufolgekosten in nicht unerheblichem Umfang gibt.

Frau Frederking hat schon darauf hingewiesen, dass die Landesaltlastenanstalt für das Berg-
bauprojekt „Erdgasgewinnung in der Altmark“ bereits mehr als 200 Millionen € zur Verfügung
gestellt hat und dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist.
Zum Glück, sage ich, leben wir gemeinsam inzwischen in der Bundesrepublik Deutschland, die
weltweit zu den Vorbildern gehört, wenn es darum geht, diese Lasten abzuarbeiten und zu
tragen. Dafür bin ich und sind die direkt Betroffenen gewiss dankbar.

Natürlich, Herr Kollege Daldrup, sind auch unsere Möglichkeiten begrenzt. Wir wissen allerdings
sehr wohl, dass Bergbaumaßnahmen Jahrzehnte dauern, manchmal auch darüber hinaus, und
dass das Aufräumen immer dann nach den heutigen Umweltstandards zu geschehen hat. Auch
das haben wir in vergangenen Landtagssitzungen geklärt.

Und, Herr Minister, ich teile Ihre Einschätzung. Die heutigen Standards lassen keine anderen
Lösungen mehr zu. Nachdem man jahrzehntelang zur Kenntnis nehmen musste, dass unsere
Experten, die zum Teil hoch bezahlt sind, das Problem nicht nur fahrlässig, sondern auch
falsch eingeschätzt haben, müssen wir nun zur Kenntnis nehmen, dass die betroffenen An-
wohner, die Bürgerinitiative und der Landkreis in der Erkenntnis weit voraus waren.
Auch müssen wir uns fragen, wie wir in Zukunft bei der für uns so wichtigen Aufgabe Bergbau
solche Problemlagen vermeiden können. Das ist eine politische Verantwortung, Herr Minister. 
Ich möchte Ihnen unsere Unterstützung dabei zusagen, dass wir gern gemeinsam das Landes-
bergamt für diese wichtigen Entscheidungsprozesse stärken. Ich habe von „Inkompetenz des
Landesbergamtes“ gesprochen und habe das seinerzeit auch begründet.

Ich denke, wir stehen in der gemeinsamen Verantwortung, auch mit Ihnen, Frau Umweltministe-
rin, diese Kompetenzen auszugleichen und zu stärken.
Ich bedaure ausdrücklich, dass eine von mir in diesem Zusammenhang im Umweltausschuss im
Dezember gestellte Frage, nachdem Sie sich dort etwa eine Stunde selbst gelobt haben, nach
sechs Monaten von Ihnen trotz mehrfacher Nachfrage und Beschwerden meinerseits immer
noch nicht beantwortet wurde. Das bedaure ich. Ich würde mir wünschen, dass Sie das dann
in zwei Wochen im Wirtschaftsausschuss nachholen; denn ohne eine vernünftige Zusammenar-
beit wird es nicht gehen.

Alles in allem: Ja, Frau Frederking, ich danke Ihnen besonders für Ihre Einbringung, in der Sie
sehr viel vorweggenommen haben. Es ist ein sehr mühsamer Weg gewesen.
Wir haben heute so ein bisschen ein historisches Tagesgefühl gemeinsam.

Herr Höppner, auch Ihnen danke ich für Ihre Einbringung. Sie haben auf die lange Liste der Ver-
antwortlichen hingewiesen. Nur eines haben Sie vergessen: Dieses besondere Bergbauprojekt
-anders vielleicht als die Probleme in Bitterfeld - hat seinen Ursprung ganz konkret in einer
Parteitagsentscheidung, die in der damaligen Zeit volkswirtschaftlich durchaus nachvollziehbar 
war. Es gab andere Möglichkeiten, auch in umweltpolitischer Hinsicht. Das haben Sie vergessen 
zu erwähnen. Natürlich gab es auch Phasen, in denen Ihre Fraktion die Politik im Land mit zu 
verantworten hatte. Das ist auch in der heutigen Sitzung schon deutlich geworden.

Ich möchte mich heute und hier - wir reden zum fünften Mal über diese schwierige Herausfor-
derung - bei Ihnen allen herzlich bedanken und möchte Sie darum bitten - oh, ich sehe, ich
überziehe meine Redezeit, Frau Präsidentin;
Präsidentin Gabriele Brakebusch: Ja.
Uwe Harms (CDU): Vielleicht noch einen halben Satz-, dass Sie diesen kleinen Fortschritt,
den wir heute erringen können, gemeinsam mit uns tragen und dem Antrag, für den ich hier 
heute werbe, zustimmen. - Danke sehr.

Präsidentin Gabriele Brakebusch:
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Sie haben die Möglichkeit, vielleicht noch etwas weiter aus-
zuholen; denn es gibt eine Wortmeldung von Herrn Lange. - Sie haben das Wort, Herr
Abgeordneter.

Hendrik Lange (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Harms, stimmen Sie mir zu,
dass es solche Bohrschlammgruben beispielsweise auch in Niedersachsen gibt und dass es
dort Beispiele für deren Entsorgung gibt, dass die Art der Deponierung also nicht nur im
östlichen Teil der Bundesrepublik stattgefunden hat? - Das ist die eine Frage. Sie wissen, in
welchen Zeiträumen die Diskussionen um Brüchau immer wieder aufgeploppt sind. Von 2012
war heute schon einmal die Rede. Auch vor 2012 war es schon der Fall, als dann nachher
die Stilllegung diskutiert wurde. Können Sie mir sagen, welche Minister welcher Parteien
damals Verantwortung für das Landesbergamt hatten und welche Umweltminister welcher
Parteien damals Verantwortung hatten? Und stimmen Sie mit mir überein, dass die Bewe-
gung, die jetzt zu verzeichnen ist, erst mit dieser Landesregierung begonnen hat?

Präsidentin Gabriele Brakebusch: Herr Harms, jetzt haben Sie die Möglichkeit zu antworten.
Bitte.

Uwe Harms (CDU): Bekanntlich, Herr Lange, habe ich Ihnen hier im Hause noch nicht so oft
zugestimmt. Ich möchte darauf hinweisen: Ich möchte mir nicht die Mühe machen, die lange  
Liste der Verantwortlichen namentlich aufzuzählen. Da allerdings das Tolerierungsmodell ange-
sprochen worden ist und mein Erinnerungsvermögen in Bezug auf diese Zeit nicht ganz so stark 
ist, weil ich diese Vorgänge außerhalb des Parlaments verfolgt habe, ich aber sehr wohl schon
- ich sage einmal - Bürgerversammlungen zum Thema Brüchau besucht habe - dahin reichen
meine Erinnerungen zurück-, wage ich vorsichtig die Behauptung, dass die Privatisierung und 
der Abschluss des Privatisierungsvertrages, der hier eine Rolle spielt, möglicherweise in diese
Zeit des Tolerierungsmodells gefallen sein könnte. Aber ist es ein bisschen müßig, wenn wir die
heutige Redezeit zu stark mit der Vergangenheit belasten.
Ich unterstütze den Minister ausdrücklich, wenn ich sage: Wenn wir erkennen, was wir tun
müssen, dann müssen wir es auch tun und einen Weg finden.
In dem Sinne: Ich werbe auch um Ihre Zustimmung zu dem Koalitionsantrag. - Danke.

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